Cannabis in Polen – Gesetze, Konsum und Geschichte

The Polish flag and a field of hemp plants

In Polen ist es illegal, Cannabis zu konsumieren, zu kaufen oder zu verkaufen. Das Gesetz toleriert jedoch in begrenztem Maße den Besitz für den Eigenbedarf und der Konsum von medizinischem Cannabis wurde vor Kurzem legalisiert. Polen hatte einst eine florierende Hanfindustrie, doch diese befindet sich seit den 1950er-Jahren im stetigen Rückgang. Dies dürfte sich ändern, denn das Land setzt erneut auf das wirtschaftliche Potenzial des Hanfs.

    • Hauptstadt
    • Warszawa (Warsaw)
    • Einwohner
    • 37,373,000
    • CBD Produkte
    • Legal under 0.2% THC
    • Cannabis für Freizeitkonsum
    • Illegal
    • Medizinisches Cannabis
    • Illegal

Cannabis-Gesetze in Polen

Darf man in Polen Cannabis besitzen und konsumieren?

In Polen ist es illegal, Cannabis zu besitzen oder zu konsumieren. Nach dem Act on Counteracting Drug Addiction (Gesetz zur Suchtbekämpfung) kann der Besitz mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Cannabis unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von anderen Drogen.

Alternativ zu einer Freiheitsstrafe können Straffällige mit einer Geldstrafe oder dem Entzug bestimmter Rechte für bis zu ein Jahr geahndet werden. Als Teil des Ansatzes „Behandlung statt Bestrafung“, den das Land verfolgt, können Richter außerdem festlegen, dass die betroffene Person an einem Suchtprogramm teilnehmen muss.

Toleranz gegenüber geringen Mengen

Im Jahr 2011 führte das Land eine „Politik der Toleranz“ ein, was bedeuten sollte, dass Straftäter nicht länger bestraft würden, wenn sie mit geringen Mengen für den Eigenbedarf erwischt werden. Dies geschah auf erheblichen Druck von Persönlichkeiten wie dem ehemaligen Präsidenten Lech Walesa und dem Dichter Wislawa Szymborska.

Diese Politik hatte erhebliche Auswirkungen auf die Zahl der von der Generalstaatsanwaltschaft eingestellten Fälle. Den verfügbaren vorliegenden Daten zufolge beschloss die Staatsanwaltschaft im Jahr 2014 4.273 Fälle einzustellen – etwa 1.100 mehr als im Jahr 2013. 2012 ließ sie etwas mehr als 2.100 Fälle fallen und weitere 160 wurden von den Gerichten eingestellt.

Drogriporter.hu berichtet jedoch, dass die Zahl der 2012 eingestellten Verfahren nur 11,3 Prozent der insgesamt 18.441 Verhaftungen aufgrund des Besitzes von Cannabis ausmachte und dass 79 Prozent der Fälle, die wegen Cannabisbesitz vor Gericht gebracht wurden, Mengen von weniger als drei Gramm betrafen.

Darf Cannabis in Polen verkauft werden?

Analog zum Besitz wird der Verkauf von Cannabis nach polnischem Recht nicht anders als bei allen anderen Drogen gewertet. Jeder Akt des Verkaufs, der Verbreitung, der Einfuhr oder der Ausfuhr von Drogen wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft – oder einem Jahr, wenn der Fall als „weniger schwerwiegend“ angesehen wird. Wenn Täter beim Handel mit einer erheblichen Menge Cannabis erwischt werden, drohen ihnen bis zu 12 Jahre.

Wird eine Cannabis-Abhängigkeit bei Tätern festgestellt, kann, sofern die Freiheitsstrafe auf fünf Jahre begrenzt ist, an ihrer statt eine Suchtbehandlung angetreten werden.

Darf Cannabis in Polen angebaut werden?

Polen ist ungewöhnlich, da es spezifische Gesetze bezüglich des Cannabisanbaus hat. Es findet jedoch keine Differenzierung zwischen Cannabis, Schlafmohn oder Coca-Strauch statt und jede groß angelegte Produktion dieser Pflanzen wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu acht Jahren heftig bestraft.

Wenn es allerdings um den Anbau geringer Mengen für den Eigenbedarf geht, ist das Recht undurchsichtiger. Deutlich wird das anhand eines Falles von 2014. Damals prüfte das Verfassungsgericht die Berufung eines Cannabis-Growers, der wegen des Anbaus geringer Mengen für den Eigenbedarf eine Bewährungsstrafe erhalten hatte.

Der Täter argumentierte, dass das „Verbot des Anbaus und des Besitzes von Cannabis die größtmögliche Einschränkung der individuellen Autonomie bei der Entscheidungsfreiheit darstellt“. Dennoch setzte der Gerichtshof das Gesetz durch, erkannte aber an, dass „Entscheidungen des Gesetzgebers auf einer vielschichtigen Forschung […] und den Erfahrungen anderer Länder beruhen sollten“. Dies deutet darauf hin, dass entkriminalisierende Gesetze auch verfassungsgemäß sein könnten.

Trotz der strengen Gesetze gibt es in Polen illegale Cannabisanlagen und die Behörden gehen regelmäßig gegen den illegalen Anbau vor. So fanden 2015 mehrere Verhaftungen statt, darunter die eines 49-jährigen Manns, der in seiner Scheune 60 Pflanzen angebaut hatte. Im Jahr 2018 beschlagnahmte die Polizei über 2.500 Cannabispflanzen im Wert von über 700.000 Euro bei nur zwei Razzien.

Cannabis-Pflanzen

Ist CBD in Polen legal?

CBD ist in Polen legal, obwohl es im Gesetz einige Unklarheiten gibt. Der Konsum wird weitgehend toleriert, aber die Behörden scheinen sich immer noch nicht sicher zu sein, wie CBD kategorisiert werden soll – ob als Lebens-, Ergänzungs- oder Arzneimittel. In der Regel wird es jedoch als Nahrungsergänzungsmittel betrachtet.

Außerdem fehlte es an legislativen Richtlinien in Hinblick auf die zugelassenen THC-Werte jeglicher Hanfprodukte (einschließlich CBD) innerhalb Polens. Daher wurde in der Cannabisindustrie beschlossen, sich selbst zu regulieren und einen verbindlichen THC-Grenzwert von 0,2 Prozent für alle Produkte einzuführen. Es ist allerdings nicht sicher, ob die Behörden diesen Grenzwert auch anerkennen oder nicht.

Die chemische Formel von CBD in Weiß auf einem schwarzen Gitter

Dürfen Cannabissamen nach Polen geschickt werden?

Das polnische Recht erlaubt den Kauf und Verkauf von Cannabissamen. Sie dürfen auch per Post verschickt werden. Sie dürfen aber nicht zum Keimen gebracht oder zum Anbauen verwendet werden. Stattdessen können sie als „Sammlerstücke“ erworben werden.

Medizinisches Cannabis in Polen

Im Jahr 2017 stimmte das polnische Parlament mit überwältigender Mehrheit für die Legalisierung des Einsatzes von Cannabis in der Medizin – unter „bestimmten Umständen“. Das Gesetz erlaubt es Ärzten, medizinische Cannabisprodukte für jedwede Erkrankung zu verschreiben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ihr Nutzen durch klinische Forschung bestätigt werden kann.

Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass importierte Cannabispflanzen in polnischen Apotheken verarbeitet werden können, sofern die Verarbeitung beim zuständigen Amt zur Registrierung medizinischer Produkte angemeldet wird. Die Kosten aller Produkte werden von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.

Das Gesetz wurde als Ergebnis einer hitzigen öffentlichen Debatte verabschiedet, die sich 2015 zuspitzte, nachdem einem Warschauer Arzt seine Zulassung entzogen wurde. Der Arzt hatte jungen Patienten mit Epilepsie im Zuge einer experimentellen Behandlung Cannabis verabreicht, ohne die korrekte Genehmigung dafür einzuholen. Medizinisches Cannabis rückte 2016 erneut ins Rampenlicht, als Tomasz Kalita sich dafür einsetzte, dass es als Mittel für unheilbar Kranke legalisiert wird. Im darauffolgenden Jahr erlag er seinem Hirntumor.

Eine Umfrage im Jahr 2015 ergab, dass die polnische Öffentlichkeit die Legalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke stark befürwortet. 68 Prozent der Befragten unterstützten damals eine solche Politik.

Medizinische Cannabisprodukte kamen schließlich 2019 auf den Markt. Dr. Jerzy Jarosz, Schmerzspezialist und Anästhesist am Hospiz St. Krzysztof in Warschau, kommentierte: „Bislang hatten wir zwar ein Gesetz, das den Einsatz medizinischen Marihuanas erlaubte, aber uns standen keine Medikamente zur Verfügung. Für Patienten ist dies der Beginn einer neuen Ära.“

Die Regierung ist sich bewusst, dass für den Erfolg ihres Medizinprogramms Bildung von entscheidender Bedeutung ist. In diesem Sinn sollen medizinische Fachkräfte an Kursen und Schulungen teilnehmen, um ihr Wissen über Cannabis auf den neuesten Stand zu bringen.

Cannabis-Knospen und Glasgläsern von CBD-Öl

Industriehanf in Polen

Hanf wird in Polen seit Jahrhunderten angebaut. Vor den 1950er-Jahren wurden über 50.000 Hektar für den Anbau von „Konopie“ aufgewendet, obwohl die Industrie seitdem einen langsamen Rückgang verzeichnet hat. So wurden 1995 nur noch 3.000 Hektar bewirtschaftet. 2014 sank diese Zahl weiter auf etwas mehr als 100 Hektar.

Wie sich aber die Haltung Europas gegenüber Cannabis und Hanf verändert, so kehrt sich diese Entwicklung nun um. Der Bezirk Swietokrzyskie hat beispielsweise seine Hanfanbaufläche allein im Jahr 2017 um fast 40 Prozent vergrößert.

Experten gehen davon aus, dass der polnische Hanf- und Cannabismarkt bei einer Entkriminalisierung des freizeitlichen Cannabiskonsums noch weiter an Stärke gewinnen würde. Cannabisprodukte werden bereits seit Jahren für andere Länder hergestellt und es könnte eine ernstzunehmende wirtschaftliche Gelegenheit für das Land darstellen.

Eine Person in einem Flanellhemd, das eine Cannabis-Pflanze hält

Gut zu wissen

Wenn man nach Polen reist (oder dort wohnt), ist es sinnvoll, Folgendes zu wissen:

Die Geschichte von Cannabis in Polen

Hanf beziehungsweise Cannabis werden in Polen seit Jahrhunderten angebaut. Es wird angenommen, dass der Einsatz von Cannabis auf die alten slawischen Stämme zurückgeht, die sich in der Gegend niederließen, und seitdem hat es sich tief in Tradition und Folklore verwurzelt.

Das Magazin Cannabis Culture stellte fest, dass die älteren Menschen in Polen „mit dem Einsatz von Cannabistee als Heilmittel und Medizin vertraut sind“ und dass sie sich auch „darüber im Klaren sind, dass moderne polnische Hanfsorten keine nennenswerten Mengen bewusstseinsverändernder Substanzen produzieren“. Dies zeigt, dass sich die Einstellung zum Cannabiskonsum erst in jüngster Zeit gewandelt hat.

Wie bereits erwähnt, war Polen einst mit über 50.000 Hektar, die für den Anbau genutzt wurden, ein großer Hanfproduzent. Seit den 1950er-Jahren befand sich die Industrie jedoch im Rückgang, bis es nur noch etwas mehr als 100 Hektar waren. Wilder Hanf ist in dem Land jedoch nach wie vor ein alltäglicher Anblick. Die meisten dieser kurzen, buschigen Pflanzen sind THC-arm.

Kulturelle Einstellung gegenüber Cannabis

In Polen scheiden sich die Meinungen zum Thema Cannabis. Während viele Menschen es konsumieren, sind einige der Ansicht, dass es nicht entkriminalisiert werden sollte. In der Vergangenheit haben diverse Pro-Cannabis-Kundgebungen stattgefunden, die eine Änderung der Gesetze forderten. Sie endeten teilweise mit zahlreichen Verhaftungen.

Viele Polen erkennen jedoch den Wert von medizinischem Cannabis an und eine großer Teil der Beölkerung unterstützt dessen Legalisierung. Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass es früher in der traditionellen Medizin zum Einsatz kam.

Wird Cannabis zukünftig legalisiert?

Es lässt sich nur schwer einschätzen, was die Zukunft für Cannabis in Polen bereit hält. Da andere europäische Länder wie Portugal den freizeitlichen Konsum entkriminalisieren, könnte das durchaus auch in Polen geschehen. Die öffentliche Meinung scheint diesen Gedanken jedoch nicht zu unterstützen – so könnte Cannabis auch noch eine ganze Weile illegal bleiben.

In Hinblick auf die medizinische Cannabisindustrie könnten sich enorme wirtschaftliche Chancen für Polen auftun, wenn das Cannabis im Inland angebaut wird. Dies stellt durchaus eine Möglichkeit für die Zukunft dar. Sicher ist, dass die Hanfindustrie des Landes nach vielen Jahren des Rückgangs einen neuen Aufschwung erleben wird.

  • Disclaimer:
    Obwohl größte Sorgfalt bei der Gewährleistung der Richtigkeit dieses Artikels aufgewendet wurde, ist er weder als Rechtsberatung gedacht, noch sollte er als solche verstanden werden. Jede Situation wird von individuellen Faktoren beeinflusst und man sollte stets einen Experten oder Anwalt für eine Rechtsberatung konsultieren.

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    Sensi Seeds

    Das Sensi Seeds Redaktionsteam besteht aus Botanikern, medizinischen und juristischen Experten sowie renommierten Aktivisten wie Dr. Lester Grinspoon, Micha Knodt, Robert Connell Clarke, Maurice Veldman, Sebastian Marincolo, James Burton und Seshata.
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  • Maurice_Veldman

    Maurice Veldman

    Maurice Veldman ist Mitglied der Niederländischen Vereinigung der Strafrechtsanwälte und einer der bemerkenswertesten Cannabis-Anwälte der Niederlande. Mit 25 Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet unterstützt sein strafrechtliches und Verwaltungsrecht die Cannabisverkäufer und Hanferzeuger dabei, die Ungleichheiten zwischen Individuum und Staat zu beseitigen.
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