Cannabis in Ungarn – Gesetze, Konsum und Geschichte

The Hungarian flag and a man standing in a cannabis field

In Ungarn ist es illegal, Cannabis zu konsumieren, zu kaufen oder zu verkaufen. Die Gesetze sind streng und es drohen lange Haftstrafen bei großen Mengen. Kleinere Vergehen werden aber selten strafrechtlich verfolgt, gerade bei Erstverstößen. Das Land hat kein medizinisches Cannabisprogramm, aber seine bereits etablierte Hanfindustrie gedeiht weiterhin.

    • Hauptstadt
    • Budapest
    • Einwohner
    • 9,439,000
    • CBD Produkte
    • Legal under 0.2% THC
    • Cannabis für Freizeitkonsum
    • Illegal
    • Medizinisches Cannabis
    • Illegal

Cannabis-Gesetze in Ungarn

Darf man in Ungarn Cannabis besitzen und konsumieren?

In Ungarn ist es nach dem Strafgesetzbuch des Landes illegal, Cannabis zu konsumieren und zu besitzen. Cannabis wird dabei nicht von anderen Suchtstoffen unterschieden und so gilt dasselbe Strafmaß wie bei allen anderen illegalen Drogen.

Der Konsum gilt seit Kurzem wieder als Straftatbestand. Bei Konsum oder Besitz von Cannabis können Täter zu einer ein- bis fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Bei „geringen Mengen“ ist die Strafe auf maximal zwei Jahre begrenzt.

Als „geringe Menge“ gelten derzeit sechs Gramm THC (die psychoaktive Substanz in Cannabis). Wie groß die Menge an Blüten oder Haschisch tatsächlich sein kann, hängt also vom THC-Gehalt des Produkts ab. Bei einem THC-Gehalt von zehn Prozent würden folglich 60 Gramm als „geringe Menge“ gelten.

Handelt es sich bei dem Täter um einen Amtsträger (oder um eine mit öffentlichen Aufgaben betraute Person), kann die Freiheitsstrafe auf fünf bis zehn Jahre erhöht werden. Seitdem die Regierung 2013 ein neues Strafgesetzbuch verabschiedet hat, wurden bestimmte Strafen verschärft. Werden Täter mit „besonders großen Mengen“ erwischt, kann die Haftstrafe nach neuem Strafgesetzbuch auf bis zu 15 Jahre heraufgesetzt werden.

Obwohl diese Strafen auf dem Papier hart erscheinen, werden sie nicht oft verhängt, insbesondere bei kleineren Delikten. Ersttäter erhalten in der Regel eine Verwarnung, eine Bewährungsstrafe oder ein Bewährungsurteil. Mit Wiederholungstätern wird in der Regel jedoch härter umgangen und eine Strafverfolgung lässt sich im Normalfall nicht vermeiden.

Eine Frau, die ein abgerolltes Gelenk hält

Darf Cannabis in Ungarn verkauft werden?

Der Verkauf und die Verbreitung von Cannabis sind in Ungarn illegal. Wenn eine Person an der Verbreitung oder dem Handel mit Suchtstoffen (einschließlich Cannabis) beteiligt ist, kann sie mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis acht Jahren rechnen.

Diese wird auf fünf bis zehn Jahre verlängert, wenn mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft (diese Liste ist nicht vollständig):

  • Es wurde mit Komplizen zusammengearbeitet
  • Der Angeklagte ist ein Amtsträger oder mit öffentlichen Aufgaben betraut
  • Die Straftat wurde in einer der Einrichtungen der ungarischen Streitkräfte/Strafverfolgungsbehörden/Steuer- und Zollbehörde begangen
  • Mit dem Cannabis wurden Minderjährige (unter 18) versorgt

Das Strafmaß wird weiter angehoben (lebenslänglich bei mindestens fünf bis 20 Jahren Haft), wenn eine beträchtliche Menge an Drogen beschlagnahmt wurde.

Wenn es sich jedoch nur um eine geringe Menge Cannabis handelt, kann die Strafe nach Ermessen des Gerichts ausgesetzt werden. Wie auch beim Besitz gelten maximal sechs Gramm THC als „geringe Menge“. Die Gerichte lassen die Cannabisproben angeblich immer in forensischen Labors testen.

Darf Cannabis in Ungarn angebaut werden?

In Ungarn ist es illegal, Cannabis anzubauen. Obwohl im Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich erwähnt, besagt das Gesetz, dass „jede Person, die Suchtstoffe auf ungarischem Territorium herstellt, […] sich eines Verbrechens schuldig macht“. Die Strafen fallen genau so aus wie beim Drogenbesitz.

Wie beim Besitz oder Verkauf kann das Gericht beschließen, die Strafe auszusetzen, wenn nur eine geringe Menge Cannabis angebaut wurde.

Auch diese harten Strafen hindern aber die Menschen in Ungarn nicht daran, Cannabis anzubauen. Cannabis wird nicht selten beschlagnahmt. 2019 fand die Polizei beispielsweise Hunderte Cannabispflanzen in einem Haus in Budapest. Sie wurden in zwei Zelten angebaut.

Eine Cannabis-Pflanze

Ist CBD in Ungarn legal?

Das ungarische Recht besagt, dass CBD, solange es weniger als 0,2 Prozent THC (die für das „High“ verantwortliche Substanz) enthält, als Hanf gilt. Somit sind der Konsum, der Kauf und der Verkauf von CBD legal.

Dürfen Cannabissamen nach Ungarn geschickt werden?

In Ungarn ist es legal, Cannabissamen zu kaufen und zu verkaufen, und sie dürfen auf dem Postweg ins Land geschickt werden. Man darf sie jedoch nicht keimen lassen oder Pflanzen aus ihnen ziehen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels versendet Sensi Seeds keine Samen nach Ungarn.

Medizinisches Cannabis in Ungarn

In Ungarn gibt es weder ein medizinisches Cannabisprogramm, noch registrierte Produkte auf Cannabisbasis, die für Patienten zugänglich sind. Dennoch können einige Menschen in Ungarn unter gewissen Umständen Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten  – auch wenn es ein schwieriger Prozess ist.

Derzeit können sich nur für Menschen mit Multipler Sklerose (eine Krankheit, die das Nervensystem beeinträchtigt) einer Cannabisbehandlung unterziehen lassen. Dies wurde vom Nationalen Komitee für Pharmazie und Lebensmittelsicherheit festgelegt. Da die Behandlung aber sehr teuer ist (in einigen Fällen mehrere Millionen Forint, wobei eine Million Forint in etwa 3.100 Euro entsprechen), ist der Einsatz von Cannabis als Medikament nicht weit verbreitet.

Auch ist in Ungarn Marinol erhältlich. Dabei handelt es sich allerdings nicht um „echtes“ medizinisches Cannabis, sondern um eine synthetische Version von THC. Das Medikament wird eingesetzt, um Appetitlosigkeit bei AIDS-Patienten sowie Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten zu behandeln.

Es gibt einige Hinweise darauf, dass Ungarn sich der Idee der Einführung eines offiziellen medizinischen Cannabisprogramms langsam öffnet. So veranstaltete das Land 2016 seine erste Cannabiskonferenz in Budapest. Einer der Referenten war Professor Lumir Hanus, eine führende Persönlichkeit auf dem Gebiet der Cannabisforschung.

Ein Arzt, der einen Topf medizinischer Cannabis verschreibt

Industriehanf in Ungarn

In Ungarn gibt es seit Jahrhunderten eine Hanfindustrie, die jedoch in den Jahren der Sowjetunion eine rückläufige Entwicklung durchlief. Seit 1991 werden allerdings erhebliche Anstrengungen in der Hanfzucht und -forschung unternommen – heute zählt Ungarn wieder zu den weltweit führenden Ländern auf diesem Gebiet.

Das Land ist für mehrere hochwertige Hanfsorten zur Herstellung von Fasern verantwortlich, die in die Liste kommerziell erhältlicher Sorten aufgenommen wurden. Viele davon wurden von Dr. Ivan Bucsa entwickelt, einem renommierten Züchter am GATE Agricultural Research Insistute in Kompolt. Neben der Entwicklung von vier staatlich registrierten Hanfsorten ist Bucsa auch für die weltweit einzige kommerzielle Zierhanfsorte Panorama verantwortlich. In einem Interview mit Hempfood.com behauptet er jedoch, dass sie „nicht häufig verkauft wurde“.

Ein Hanffeld

Gut zu wissen

Wenn man nach Ungarn reist (oder dort wohnt), ist es sinnvoll, Folgendes zu wissen:

  • Marihuana ist die am häufigsten beschlagnahmte Droge in Ungarn. Cannabisharz (Haschisch) wird weitaus seltener beschlagnahmt und befindet sich auf dieser Liste nur an fünfter Stelle.
  • 3,5 Prozent der jungen Erwachsenen (im Alter von 15 bis 34 Jahren) konsumieren Cannabis. Diese Zahl ist in den letzten Jahren zurückgegangen, während die Zahl der jungen Erwachsenen, die Drogen wie Kokain, Ecstasy und Amphetamine konsumieren, gestiegen ist.
  • Die THC-Gehalt des beschlagnahmten Cannabis variiert in der Regel zwischen 0,2 und 20 Prozent. Bei Haschisch liegt dieser Wert in der Regel bei 0,5 bis 30 Prozent.

Cannabis-Geschichte

Funde antiker Pollen deuten darauf hin, dass Cannabis in Ungarn spätestens seit der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends vor Christus angebaut wurde. Experten vermuten, dass dies auf skythische Nomadenstämme zurückzuführen ist, die die Pflanze mitbrachten.

Innerhalb der nächsten 2.000 Jahre nahm die Anzahl der Cannabispollen stetig zu, was belegt, dass sich die Pflanze im Land durchsetzte. In den Mooren Ungarns wurden besonders viele Pollen gefunden, die aus dem ersten Jahrtausend nach Christus stammen und darauf hindeuten, dass Hanfsamen für die Röste zur Gewinnung von Fasern verwendet wurden.

Heutzutage handelt es sich beim Cannabis, das in freier Wildbahn gefunden wird, meistens um Hanf, der in der Regel keine psychoaktiven Eigenschaften besitzt.

Ungarn und Hanf – eine lange Geschichte

Hanf ist seit Jahrhunderten ein Teil der ungarischen Geschichte. In der Vergangenheit produzierten Bauerngemeinschaften Hanftextilien von außergewöhnlich hoher Qualität mit einer Feinheit, die Leinen entsprach oder sogar übertraf. Die Branche war so groß, dass die ungarischen Hanfweber spezielle Webstühle und diverse andere Geräte entwickelten. Tatsächlich wurden die berühmten (von Frauen getragenen) ungarischen Trachten meist aus Hanf und Leinen hergestellt.

Das Weben von Hanf war auch eine soziale Tätigkeit. Unverheiratete Frauen trafen sich zum Spinnen und Plaudern, während Aussaat und Ernte als bedeutende Gruppenaktivitäten für Männer galten. Im 20. Jahrhundert erlitt die Branche jedoch einige Rückschläge. Die Einstellung gegenüber der Pflanze änderte sich in ganz Europa, wobei ein Großteil des Kontinents den Anbau verbot.

Da Ungarn unter die Herrschaft der UdSSR fiel, wurde der Hanfanbau dort, anders als im Rest Europas, nie verboten. Folglich blieb die Branche bis in die 1960er-Jahre bestehen. Die Sowjets, die damals das Land kontrollierten, setzten dem traditionellen Hanfanbau ein Ende. Staatliche Hanfanbaubetriebe waren erlaubt, aber auch diese waren bis 1991, als die Sowjetunion aufgelöst wurde, rückläufig.

Seitdem hat Ungarn hart für den Wiederaufbau seiner Hanfindustrie gekämpft. Heute ist das Land  weltweit führend im Bereich der Hanfzucht und -forschung.

Öffentliche Meinung

Bis vor Kurzem war Cannabis in Ungarn die am häufigsten konsumierte Droge junger Erwachsener. Aufgrund der strengen Gesetze wird Drogenkonsum (jeglicher Art) meistens geheim gehalten, um eine strafrechtliche Verfolgung zu vermeiden. In den letzten Jahren hat sich die ungarische Regierung das Ziel gesetzt, das Land bis 2020 drogenfrei zu machen – ein Ziel, das viele für unrealistisch halten. Ein Großteil der Bemühungen zielte auf Schulen ab und fand in Form von Präventions- und Sensibilisierungsinitiativen für Schüler statt. Der Cannabiskonsum ist seitdem leicht zurückgegangen, allerdings ist der Konsum anderer Drogen gestiegen.

Wird Cannabis zukünftig legalisiert?

Angesichts der strikten Einstellung des Landes gegenüber Cannabis ist es unwahrscheinlich, dass die Regierung den freizeitlichen Konsum in naher Zukunft entkriminalisieren wird. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass ein medizinisches Cannabisprogramm eingeführt werden soll, obwohl viele andere Länder in Europa diesen Schritt bereits getan haben.

  • Disclaimer:
    Obwohl größte Sorgfalt bei der Gewährleistung der Richtigkeit dieses Artikels aufgewendet wurde, ist er weder als Rechtsberatung gedacht, noch sollte er als solche verstanden werden. Jede Situation wird von individuellen Faktoren beeinflusst und man sollte stets einen Experten oder Anwalt für eine Rechtsberatung konsultieren.

Comments

3 Kommentare zu „Cannabis in Ungarn – Gesetze, Konsum und Geschichte“

  1. Wolfgang Roeschmann

    Hallo Frau Alexandra Halàsz,

    Dr. Rudolf Fleischmann war der Großvater der Frau meines Vaters. Ihre Familie mußte 1956 aus Ungarn flüchten, da war sie 6 Jahre alt. Inzwischen ist es schwierig, Informationen über Dr. Fleischmann zu erhalten, vor allem in deutscher Sprache. Falls Sie hier Näheres wissen, wäre ich sehr erfreut.

    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Roeschmann

  2. Halàsz Alexandra

    Geehrtes Redaktionsteam

    Viel interessantes ist Ihrem Artikel zu entnehmen, gerade bezüglich der archäo-botanischen Funde in Ungarn. Danke Ihnen für das informative Material.
    Zu korrigieren wären; Die Entwicklung der berühmten ungarischen Sorten
    Kompolti F1 und weiterer Kompolti Sorten wurden von Herrn Dr. Fleischmann Rudolf im ehemaligen staatlichen Forschungslabor in Kompolt (ca. 20 km südlich von Erlau) ausgeführt, welches, nach seinen Erfolgen im Kreuzen von Klima und Schädlingsresistenter sowie Ertragreicher Sorten von Getreide, Mais und Hanf, seinen Namen erhielt.
    Prof. Dr. Bocsa Ivàn hat das von Dr. Fleischmann gezüchtete und entwickelte Material übernommen und weitergeführt.
    Dr. Fleischmann war ein überragender Wissenschaftler der aufgrund seines deutschen Hintergrunds und seines katholischen Glaubens zur damaligen Zeit des so genannten Kommunismus, nicht für höhere Weihen genehm war.
    Die Forschungsanstalt in Kompolt wurde Anfang der neunziger Jahre geschlossen und die Forschung in die Szent Istvàn Agrarwissenschaftliche Universität integriert und nach Szervas verlegt.

    Hochachtungsvoll
    Alexandra Halàsz

    1. Stefanie - Sensi Seeds

      Vielen Dank für das Lesen unseres Blogbeitrags und für die Korrektur.
      Beste Grüße,
      Stefanie

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    Das Sensi Seeds Redaktionsteam besteht aus Botanikern, medizinischen und juristischen Experten sowie renommierten Aktivisten wie Dr. Lester Grinspoon, Micha Knodt, Robert Connell Clarke, Maurice Veldman, Sebastian Marincolo, James Burton und Seshata.
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  • Maurice_Veldman

    Maurice Veldman

    Maurice Veldman ist Mitglied der Niederländischen Vereinigung der Strafrechtsanwälte und einer der bemerkenswertesten Cannabis-Anwälte der Niederlande. Mit 25 Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet unterstützt sein strafrechtliches und Verwaltungsrecht die Cannabisverkäufer und Hanferzeuger dabei, die Ungleichheiten zwischen Individuum und Staat zu beseitigen.
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