Cannabis für Hunde? Ja, aber mit Vorsicht!

Eine französische Bulldogge, die draußen auf dem Boden liegt

Medizinisches Cannabis für Hunde? Was erst etwas seltsam klingt, macht beim genaueren Hinsehen durchaus Sinn. Hunde haben mehr Cannabinoid-Rezeptoren als jedes andere Tier. Das birgt Chancen und Risiken. Wir haben uns für euch umgesehen in der Welt von „pot for pets“.

Gleich vornweg: Seinem Tier berauschende Substanzen wie THC-haltiges Cannabis zu füttern, das Ganze vielleicht noch zu filmen und anschließend auf YouTube zu teilen ist kein Spaß, sondern Tierquälerei! Im Gegensatz zu Menschen können Tiere an einer Überdosis sterben. Tatsächlich besteht ein trauriger Zusammenhang zwischen der Anzahl Cannabis-Vergiftungen und dem Legalitätsstaus. Colorado und Oregon etwa registrieren mehr Notfälle als vor der Legalisierung.

Heidi Houchen, Tierärztin in einem Vorort von Portland, erzählt der Denver Post, dass vor allem bei Hunden und mit Edibles Vorsicht geboten ist: „Früher haben Hunde ein paar Blüten im Keller gefressen, heute finden Sie eine große Tüte Gummibärchen.“ Noch gefährlicher wird es, wenn Koffein und Schokolade im Spiel sind. Auch wenn es offensichtlich scheint, soll hier noch einmal mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass Cannabis außerhalb der Reichweite von Haustieren aufbewahrt werden muss.

Warum CBD auch Tieren helfen könnte

Genau wie Menschen produzieren Säugetiere eine Reihe von chemischen Verbindungen, die als (Endo)cannabinoide bezeichnet werden. Weil sie unter anderem das Schmerzempfinden, den Appetit und die Reaktionen auf Stress beeinflussen, sind sie essenziell für die Gesundheit.

Ein Poster mit der Funktion und Vorteile von CBD für Hunde

Mehr Forschung ist nötig, den Akteuren bleiben aber die Hände gebunden

Hunde verfügen über mehr CB1-Cannabinoid-Rezeptoren als alle anderen Tiere. Das macht sie für eine Behandlung mit Cannabis besonders interessant. Leider sind veterinärmedizinische Studien zu dem Thema noch immer rar. Was bisher bekannt ist, stimmt positiv. So haben israelische Wissenschaftler bereits 1988 herausgefunden, dass CBD antiepileptische und antikonvulsive Eigenschaften aufweist. 2012 konnte eine italienische Studie der Universität Pisa nachweisen, dass Cannabinoide Hunde vor allergischen Störungen und Hautproblemen schützen.

Erst kürzlich warnte die amerikanische Drogenbehörde DEA Tierärzte und Institutionen davor, Tiere mit Cannabis zu behandeln. Selbst CBD-Extrakte ohne THC bleiben auf nationaler Ebene verboten. Aus Angst vor rechtlichen Schritten hat die University of Pennsylvania ihre klinischen Versuche eingestellt.

Ein Hund saß in einem Feld von Cannabis-Pflanzen

Michael DiGregorio, Direktor der klinischen Universitätsklinik, bringt die verzwickte Lage auf den Punkt: „Die Zweideutigkeit in diesem Prozess hat uns wirklich zum völligen Stillstand gebracht. Die Forschung ist nötig, weil es viele CBD-Produkte gibt.“ Ferner kritisiert er, dass für die Genehmigung einer Studie Daten nötig sind, die erst nach der Studie verfügbar wären.

Zum Glück lassen sich nicht alle von den Drohgebärden des DEA beeindrucken. Die Colorado State University setzt ihre Forschungsarbeiten unbeirrt fort. Im Rahmen einer aktuellen Studie untersucht sie, ob und wie Hunde mit Arthrose und Epilepsie auf CBD-Öl reagieren.

Hundehalter warten nicht auf die Wissenschaft

Man muss nicht lange suchen, um Erfahrungsberichte von Tierhaltern zu finden, die ihren Vierbeinern medizinisches Cannabis verabreichen. Die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten scheint dabei ebenso groß zu sein wie bei Menschen: Verdauungs- und Hautprobleme, Epilepsie, Arthritis, Trennungsängste, Phobien, Appetitlosigkeit ­– CBD könnte eine mächtige Waffe sein im Kampf gegen diese Leiden.

Christine aus Nevada erzählt auf der Hundewebsite Dogster die Geschichte ihres Rottweilers Sampson. Er starb im November 2012 an einer seltenen Form von Blutkrebs. 2010 ging es dem Hund so schlecht, dass er durch heftiges Erbrechen und schweren Durchfall täglich 1 kg an Gewicht abnahm. Da Christine kein Geld für eine Chemotherapie hatte, musste sie zusehen, wie ihr treuer Hundefreund ein Viertel seines Körpergewichts verlor. Angeregt von den Erfolgsgeschichten über medizinischen Cannabis bei Krebspatienten begann sie zu experimentieren. Nachdem sie Sampson eine Mischung aus fein gemahlenen Cannabisblüten und Kokosnussöl verabreicht hatte, begann er wieder zu essen, nahm zu und sprang herum wie ein junger Hund. „Cannabis hat das Leben meines Hundes gerettet.“

Ein Arzt, der ein Cannabis-Werk hält

Obwohl Christines Geschichte von einem Hund handelt, wirkt Cannabis nach Meinung des amerikanischen Tierarztes Doug Kramer auch gut bei Katzen. „Wir wenden es ebenso häufig bei Katzen an, vielleicht sogar noch häufiger, und zwar als Appetitanreger. Katzen sind sehr wählerisch, vor allem wenn sie krank sind”, erzählt Kramer in einem Interview mit Vice. „Alle Tiere, die Cannabinoid-Rezeptoren haben, reagieren auf die gleiche Weise wie wir. Es sind Studien verfügbar, die nachweisen, dass auch Schweine, Hühner, Affen und Ratten über diese Rezeptoren verfügen.”

Doug Kramer hatte eine Praxis in Los Angeles. Er war ein bekannter Befürworter von alternativen Heilmethoden im Allgemeinen und von medizinischem Cannabis im Besonderen. Diesem Umstand hatte er seinen Spitznamen „Vet Guru“ (Tierarzt-Guru) zu verdanken. Auf der gleichnamigen Website berichtete Kramer über alternative Behandlungsmethoden für Haustiere.

Er entdeckte die heilende Wirkung bei Tieren durch eine seiner Kundinnen. „Die Frau war ein wenig sonderbar, aber sehr intelligent. Ihr Haustier reagierte nicht gut auf die von mir verabreichten Schmerzmittel und Steroide, deshalb wollte sie über medizinisches Marihuana sprechen. Andere Tierärzte lehnten das ab, aber sie merkte, dass ich bereit war, ihr zuzuhören.“

Kramer hat mit seinem Tun gegen das Gesetz verstoßen und eine Haftstrafe riskiert. Wir bewundern seinen Mut, seine Offenheit und seine Bereitschaft, für eine Sache zu kämpfen. Mit Trauer haben wir von seinem Tod erfahren.

Medizinisches Cannabis für Tiere

Auch wenn CBD und die anderen Inhaltsstoffe von Cannabis kein Allheilmittel sind, machen die vielen positiven Erfahrungsberichte Mut. Wer sein Tier mit medizinischem Cannabis behandeln möchte, sollte sich zuvor ausführlich informieren und mit einem aufgeschlossenen Arzt sprechen. Gehen Sie eine Behandlung langsam an, beginnen Sie also immer erst mit einer niedrigen Dosis und beobachten Sie, wie das Tier reagiert.

Ein Hund, der seine Nase leckt und eine Cannabis-Pflanze betrachtet

Im Prinzip können Sie Ihrem Haustier CBD-Öl ins Futter mischen oder direkt in den Mund tröpfeln. In den USA sind mittlerweile auch CBD-Produkte auf dem Markt, die direkt auf Tiere zugeschnitten sind. Die Tinktur von VETCBD etwa ist einfach dosierbar und enthält neben CBD auch geringe Mengen THC sowie Terpene der Cannabispflanze. Sensi Seeds hat mit Dr. Tim Shu, Gründer und CEO von VETCBD, gesprochen. Dr. Shu ist überzeugt, dass Cannabinoide gemeinsam besser wirken als alleine. Tatsächlich weist vieles darauf hin, dass der Entourage-Effekt, von dem er spricht, die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis verbessert.

Sensi Seeds freut sich, dass medizinisches Cannabis offenbar auch Tieren hilft und wird die Entwicklungen in diesem Bereich genau beobachten. Neben mehr Forschung ist auch weiterhin Aufklärungsarbeit nötig; nur so werden evidenz- und erfahrungsbasierte Diskussionen möglich. „In fünf bis zehn Jahren werden wir mit unserem Hausarzt auch über das Endocannabinoid-System sprechen“, so Dr. Shu. Es bleibt zu hoffen, dass unsere geliebten Vierbeiner bis dahin die gleichen therapeutischen Möglichkeiten genießen wie wir.

  • Disclaimer:
    Dieser Artikel stellt keinen Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung dar. Wenden Sie sich immer an Ihren Arzt oder eine andere zugelassene medizinische Fachkraft. Sie sollten wegen etwas, das Sie auf dieser Website gelesen haben, weder zögern, Ihren Arzt aufzusuchen, noch deswegen eine medizinische Beratung missachten.

Comments

5 Kommentare zu „Cannabis für Hunde? Ja, aber mit Vorsicht!“

  1. Liebe Betroffenen, habe ein grosses Problem mit meiner Hündin. Sie verträgt leider kein Schmerzmittel in der üblichen Dosierung. Helfen tut es auch nicht. Der Hund hat starke Arthrose in ALLEN Gelenken sowie Spondylose. Habe jetzt schon mehrfach gelesen, dass Menschen ihrem Hund Cannabis füttern. Vielleicht kann mir jemand helfen und mir sagen, in welcher Dosierung bzw. wieviel Gramm ich einem 35 kg Hund geben könnte. Cannabis zu besorgen, ist hier kein Problem. Hoffe doch sehr, dass mir jemand einen Rat geben kann.

    1. Olivier - Sensi Seeds

      Hi Malu, während dem Schreiben dieses Artikels bin ich auf viele Geschichten von Tierhaltern gestoßen, die ihren Vierbeinern Cannabis ins Futter mischen. Allgemein gültige Dosierungsangaben sind aber leider unmöglich, deshalb stehen sie auch nicht im Artikel. Während CBD relativ unbedenklich ist, musst du mit THC aufpassen. Im Gegensatz zu Menschen können Tiere an einer Überdosis sterben. Ich würde dir raten, mit einer niedrigen Dosis zu beginnnen und diese nur langsam zu steigern. Halte deine Beobachtungen akribisch in einem Tagebuch fest. Ich hoffe, dass es deiner Hündin bald besser geht! Gruß, Olivier

  2. Kampfschwein300

    Zurzeit kommen keine guten Nachrichten vom Cannabis Markt. Von Kanada wird zwar immer geredet das die Legalisierung 2018 kommt. Aber 100%ig ist das auch nicht. Anfang März ist wieder eine Sitzung hoffentlich kommt dabei endlich mal was Handfestes dabei raus.
    Und von der USA Danke Sessions braucht man gar nicht reden 🙁 ?

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    Das Sensi Seeds Redaktionsteam besteht aus Botanikern, medizinischen und juristischen Experten sowie renommierten Aktivisten wie Dr. Lester Grinspoon, Micha Knodt, Robert Connell Clarke, Maurice Veldman, Sebastian Marincolo, James Burton und Seshata.
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    Sanjai Sinha

    Dr. Sanjai Sinha ist Mitglied der akademischen Fakultät des Weill Cornell Medicine Colleges in New York. Er verbringt seine Zeit damit, Patienten zu begleiten, Bewohner und Medizinstudenten zu unterrichten und im Gesundheitswesen zu forschen. Er genießt die Ausbildung von Patienten und die Ausübung evidenzbasierter Medizin. Sein starkes Interesse an medizinischer Überprüfung kommt von diesen Leidenschaften.
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