Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die als Reaktion auf schweren oder anhaltenden Stress auftritt, wie z.B. Krieg oder zwischenmenschlicher Gewalt (die physisch, emotional oder sexuell sein kann). Zahlreiche PTBS-Kranke behandeln sich selbst mit Cannabis, und mehrere Studien zeigen einen möglichen Nutzen.
Wie der Name schon sagt, sind posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) die direkte Folge der Erfahrung eines traumatischen Ereignisses. Symptome sind Rückblenden des traumatischen Ereignisses, Vermeidung von damit verbundenen Auslösern, Angst, Depression, Wut und Hyper-Wachsamkeit.
Die konventionelle Therapie von PTBS umfasst hauptsächlich die Psychotherapie mit den Schwerpunkten Kognitionstherapie, Expositionstherapie und Desensibilisierung und Aufbereitung der Augenbewegungen (EDMR). Abhängig von der Schwere der Symptome erhalten einige PTBS-Patienten auch Antidepressiva und Medikamente gegen Angstzustände verschrieben.
Weltweite Verbreitung von PTBS
Die US National Comorbidity Survey Replication schätzt die Lebenszeit-Verbreitung von PTBS in den USA auf 6,8%. Dabei beträgt die Lebenszeit-Verbreitung von PTBS bei amerikanischen Männern 3,6%, bei Frauen 9,7%.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, die im European Journal of Psychotraumatology veröffentlicht wurde, wird geschätzt, dass weltweit rund 354 Millionen Erwachsene an PTBS leiden, davon 117 Millionen an kombinierten PTBS und schweren Depressionen. Diese Zahlen sind das Ergebnis von Analysen der zwischen 1989 und 2015 von Krieg Betroffenen, die 2015 noch am Leben waren. Nach dieser Meta-Analyse wird bei rund 33% der PTBS-Kranken auch eine schwere Depression diagnostiziert.
Nicht jede Person, die ein traumatisches Ereignis erlebt, wird eine PTBS entwickeln. Eine Studie ergab, dass 17% der Irak-Veteranen PTBS, generalisierte Angststörungen oder Depressionen entwickelt haben. Eine andere Studie schätzt, dass etwa 25% der Kinder, die einem Trauma ausgesetzt sind, PTBS entwickeln werden. Eine andere kam zu dem Schluss, dass monozygotische (eineiige) Zwillinge ein größeres Risiko haben, nach einem Kampftrauma eine PTBS zu entwickeln, wenn ihr Zwilling ebenfalls an der Erkrankung leidet, was auf eine genetische Veranlagung hinweist.
PTBS und Stoffabhängigkeit
Forschungen haben eine hohe Auftretenshäufigkeit von Drogenmissbrauch bei Menschen mit PTBS gezeigt. In einer Studie zeigten insbesondere Frauen eine höhere Rate von PTBS mit Drogenmissbrauch als Begleitkrankheit – zwischen 30% und 59%. Bei Frauen in dieser Kategorie wird PTBS am häufigsten durch wiederholte körperliche und/oder sexuelle Übergriffe in der Kindheit verursacht. Bei Männern sind die Begleiterkrankungsraten zwei- bis dreimal niedriger und resultieren in der Regel aus Kampferfahrungen oder gewaltbedingten Traumata.
Eine weitere kleine Studie mit 91 Teilnehmern, die an einem gemeindebasierten Drogenmissbrauchsprogramm teilnahmen, ergab, dass bis zu 52,8% der Teilnehmer eine Form von PTBS hatten. Während 37,4% als Betroffene von PTBS eingestuft wurden, wurden die restlichen 15,4% als „mögliche PTBS“ eingestuft.
Ob Cannabis wirklich als Behandlung von PTBS angesehen werden kann, bleibt fraglich, da betroffene Personen Trost in solchen Substanzen suchen können, unabhängig davon, ob es sich um wirklich wirksame Medikamente handelt oder nicht.
Obwohl es bei den an PTBS-Erkrankten bedeutende Forschungen zum Substanzkonsum gibt, sind die Studien über die Wirksamkeit von Cannabis als Behandlung relativ spärlich. Bis vor relativ kurzer Zeit war sich die medizinische Fachwelt im Allgemeinen einig, dass PTBS ein Faktor für Cannabiskonsumstörungen ist, und es wurden nur wenige Untersuchungen zu den Gehirnmechanismen durchgeführt, durch die sich solche Störungen entwickeln.
Die Rolle des Endocannabinoidsystems bei PTBS
Das Verständnis der Komplexität des Endocannabinoidsystems hat in den letzten Jahren zugenommen, und die Rolle, die es bei der Regulierung der Symptome von PTBS und ähnlichen Erkrankungen spielen könnte, ist in den Fokus gerückt. In einem 2012 veröffentlichten Artikel wurde festgestellt, dass belastungstolerante Personen, die in Form eines Parabelflugexperiments akutem Stress ausgesetzt waren, eine signifikant erhöhte Endocannabinoidkonzentration im Plasma aufwiesen. Nicht belastungstolerante Personen verzeichneten keinen Anstieg.
Diese Personen waren jedoch gesund und litten nicht an einer chronischen Belastungsstörungen. Patienten, die unter PTBS (und anderen chronischen Belastungsstörungen) leiden, zeigten im Vergleich zu Nicht-Patienten eine konstant erhöhte Endocannabinoidkonzentration, selbst in normalen Situationen ohne Belastung. Das bedeutet, dass das Endocannabinoidsystem eine Rolle bei der Reaktion auf Belastungen spielt, der genaue Mechanismus ist jedoch noch unklar.
Interessanterweise haben Forscher in einem weiteren Artikel aus dem Jahr 2015, der in Nature Reviews Neuroscience veröffentlicht wurde, die Rolle des Endocannabinoidsystems in mehreren Aspekten der Verarbeitung von Ängsten und dem Gedächtnis angesprochen. Die Analyse deutet darauf hin, dass eine „wiederholte Wiedereinwirkung auf einen angstbedingten Stimulus ohne die Bedrohung zunehmend das Endocannabinoidsignal aktiviert“. Die Forscher argumentieren, dass diese unaufhörliche Endocannabinoidsignalisierung zum Ausbleiben der Angstreaktion führen kann.
Diese Forschung zeigt einen möglichen biologischen Marker für die Diagnose von PTBS, die in den meisten Fällen über Fragebögen erfolgt. Während sich die Studie selbst nicht spezifisch auf PTBS bezieht, bezieht sie sich auf das psychologische Phänomen, das PTBS zugrunde liegt: die wiederholte Angstreaktion in Abwesenheit einer Bedrohung.
Genetischer Phänotyp der CB-Rezeptoren könnte die Anfälligkeit für PTBS erhöhen
Eine weitere Studie von Alexander Neumeister aus dem Jahr 2012 unterstützt die Ergebnisse der oben genannten Studie von Nature Reviews Neuroscience. Der Artikel beschreibt die Rolle des CB1-Rezeptors beim Erfahren von und dem Erinnern an belastenden Ereignissen. Normale Endocannabinoidsignale über den Rezeptor helfen beim Ausrotten der Angst, während eine gestörte Signalisierung mit einem Misserfolg in der Beseitigung der Erinnerung an ein Trauma verbunden ist. Dies war außerdem mit chronischer Angst und Depressionen (bei Tierversuchen) verbunden.
Der Artikel stellte zudem fest, dass bestehende Medikamente für PTBS „opportunistisch“ eingesetzt wurden, als ihre Vorteile entdeckt wurden, und dass solche Medikamente in der Regel ursprünglich für andere Erkrankungen entwickelt wurden. Häufig sind solche Medikamente von begrenzter Wirksamkeit und können schwerwiegende Nebenwirkungen haben.
Insgesamt gibt es in der wissenschaftlichen Literatur den gemeinsamen Nenner, dass es einen Zusammenhang zwischen Endocannabinoidsignalisierung, Angstverarbeitung und der Entwicklung von PTBS gibt. Während eine PTBS auf einem traumatischen Ereignis beruht (ohne das Trauma, die Erkrankung ist keine PTBS), kann es zu einer genetischen Veranlagung für die Erkrankung kommen.
THC und Nabilon als mögliche Behandlungsmöglichkeiten
Neumeister kam in seiner Forschung zu dem Schluss, dass THC eine vorübergehende Linderung der PTBS-Symptome bewirken kann, der langfristige Gebrauch jedoch zu einer Beeinträchtigung der CB1-Rezeptorsignalisierung führen könnte. Dies könnte zu einer Zunahme der Schwere von Angst, Reizbarkeit und Schlafstörungen bei PTBS-Patienten führen.
Eine Studie aus dem Jahr 2009 untersuchte die Wirksamkeit eines synthetischen Cannabinoids als Begleittherapie bei PTBS. Eine Begleittherapie ist eine Therapie, die zusätzlich zu einem Hauptmedikament verschrieben wird. In diesem Fall waren die Hauptmedikamente Antidepressiva und Hypnotika, und das verwendete synthetische Cannabinoid war Nabilon. Diese Studie ergab, dass sich bei 72% der Patienten eine Einstellung oder Verringerung der Alpträume, eine Verbesserung der Schlafzeit und -qualität sowie eine Verringerung der Tagesrückblenden zeigten.
Obwohl die Ergebnisse dieser Studie vielversprechend sind, bedeutet die geringe Stichprobengröße von nur 47 Individuen, dass weitere Untersuchungen zur Bestimmung der Wirksamkeit von Nabilon durchgeführt werden müssen. Da das Interesse an der Verwendung von Cannabinoiden als Behandlung von PTBS so schnell zunimmt, dürften wir in Zukunft die Ergebnisse weiterer Forschungsarbeiten sehen.
Andere Möglichkeiten, wie Cannabis die Symptome von PTBS lindern kann
Nach dem aktuellen Verständnis von PTBS gibt es aufgrund der Art der Erkrankung keinen pharmakologischen Weg, PTBS zu heilen. Sie entwickelt sich aus einem Trauma, und es gibt keine bekannte pharmakologische Behandlung, die ein Trauma „rückgängig machen“ kann. Aus diesem Grund beinhaltet die Therapie in der Regel die Behandlung von Symptomen wie Angst, Schlaflosigkeit, Depressionen und Rückblenden. Cannabis kann zwar technisch nicht heilen oder nur zu einer Heilung von PTBS beitragen, hat aber Eigenschaften, die bei Symptomen helfen können.
1. Cannabis kann eine anxiolytische Wirkung haben
Während die anxiolytischen Wirkungen von THC im Laufe der Jahre mehrfach in Frage gestellt wurden, besteht unter Wissenschaftlern ein allgemeiner Konsens darüber, dass CBD insbesondere anxiolytische Wirkungen hat. Bei bestimmten Individuen ist THC auch in der Lage, Angstsymptome zu reduzieren.
Eines der wichtigsten Symptome von PTBS ist Angst, und es ist oft eines der Symptome, die mit Medikamenten behandelt werden können. Eine Studie an Mäusen aus dem Jahr 2011 kam zu dem Schluss, dass die Überexpression von CB2-Rezeptoren das angstähnliche Verhalten reduziert und einen Anstieg der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Hippocampus und Hypothalamus bewirkt.
In einer weiteren Studie (in vivo, am Menschen) wurde festgestellt, dass Personen mit PTBS einen reduzierten Spiegel von endogenem Cannabinoid, Anandamid, haben. Der Konsum von CBD soll den Serumspiegel von Anandamid erhöhen, indem es FAAH, das für den Abbau von Anandamiden verantwortliche Enzym, hemmt. Dies ist ein Mechanismus, aufgrund dessen angenommen wird, dass CBD anxiolytische und antidepressive Wirkungen hat.
2. Cannabis ist neuroprotektiv
Das neurowissenschaftliche Verständnis von PTBS ist noch in der Anfangsphase, aber Wissenschaftler sind ständig auf der Suche nach zuverlässigen Biomarkern für die Erkrankung. Natürlich weist die Endocannabinoidsignalisierung, wie bereits erwähnt, ein vielversprechendes Potenzial auf. In diesem Forschungsbericht von 2018 diskutiert Graziano Pinna die Rolle von Neurotransmittern bei PTBS und die Möglichkeit, die Neurologie als Form der PTBS-Behandlung zu nutzen.
Im Wesentlichen schlägt Pinna vor, dass bestimmte chemische Prozesse im Gehirn, die zur Neuroprotektion beitragen, eine Rolle bei der Regulierung von kognitiven Prozessen und emotionalem Verhalten spielen können. Während wir erst beginnen zu verstehen, wie die Neurologie das menschliche Verhalten und die Emotionen beeinflusst, ist sie für das Forschungsgebiet etwas Intuitives.
Die Phytocannabinoide THC und CBD haben in der akademischen Forschung unzählige Male neuroprotektive Effekte gezeigt, einschließlich der Fähigkeit, die Neurogenese zu stimulieren. Es ist zwar nicht genau bekannt, wie Neuroprotektion die Symptome einer PTBS lindern kann, aber es wurde eine Verbindung hergestellt.
3. Cannabis kann gegen Schlaflosigkeit helfen und Alpträume lindern
Wie bereits in diesem Artikel erwähnt, erleben viele PTBS-Patienten behandlungsresistente Albträume. In der zuvor genannten Studie zeigten Patienten mit Alpträumen eine positive Reaktion auf Nabilon, ein synthetisches Cannabinoid.
Wie THC und CBD Albträume reduzieren können, wurde noch nicht ermittelt, aber das allgemeine Verständnis ist, dass THC die Schlaf-Latenz verringert. Auf diese Weise kann es dazu beitragen, dass PTBS-Leidende besser Einschlafen können und einen mehr oder weniger traumlosen Schlaf zu haben. Durch die Verringerung der Schlaf-Latenz wird der REM-Schlaf entweder umgangen oder zu stark verkürzt, um Alpträume zu hervorzurufen.
Es gibt noch viel zu verstehen über PTBS als Krankheit und noch mehr darüber, wie Cannabis als Behandlung eingesetzt werden kann. Es gibt Kontroversen um Cannabis als Behandlung von PTBS, da es sich nicht um eine Behandlung an sich, sondern um eine Begleittherapie zur Symptomreduzierung handelt. Es stellt ein Potenzial für Missbrauch oder Sucht dar, vor allem, weil PTBS-Patienten eher Drogenmissbrauchsstörungen entwickeln.
Trotz der anhaltenden Kontroverse um die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis als Behandlung von PTBS empfiehlt der Medizinische Cannabisbeirat jedoch, PTBS auf der Liste der Qualifikanten zu belassen, die es potenziellen Cannabiskonsumenten ermöglichen, Verschreibungen zu erhalten.
- Disclaimer:Dieser Artikel stellt keinen Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung dar. Wenden Sie sich immer an Ihren Arzt oder eine andere zugelassene medizinische Fachkraft. Sie sollten wegen etwas, das Sie auf dieser Website gelesen haben, weder zögern, Ihren Arzt aufzusuchen, noch deswegen eine medizinische Beratung missachten.