Nach jahrzehntelanger Unterdrückung findet Cannabis als Medizin wieder Eingang in das öffentliche Bewusstsein. Für die Konsumenten ist dies eine spannende, aber auch verwirrende Zeit. Denn vieles von dem, was wir annehmen, erweist sich als falsch oder zumindest ungenau. Die Grundregel sollte daher lauten: Benutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand!
Sour Diesel. Gorilla Glue. Purple Haze. Tangerine Dream. Strawberry Kush. Wer in einer amerikanischen Dispensary etwas kaufen möchte, hat die Qual der Wahl. Aber steckt eigentlich „Kush“ auch in allem, wo „Kush“ draufsteht? Nein! Der legale Cannabismarkt steckt noch in den Kinderschuhen, und es gibt keine offizielle Stelle, die Herkunft und Qualität der angebotenen Produkte überprüft. Wie könnte es auch anders sein, wenn Cannabis auf amerikanischer Bundesebene nach wie vor verboten ist?
In den Niederlanden ist die Situation noch prekärer. Trotz allem, was viele Leute denken, ist Cannabis dort immer noch illegal. Im Rahmen der so genannten „Toleranzpolitik“ verschließen die Behörden einfach die Augen vor seinem Verkauf und Konsum. Da die Produktion komplett verboten ist, sind die Coffeeshops gezwungen, ihre Waren auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. Die aktuelle Gesetzgebung spielt Kriminellen in die Hände, gefährdet die Gesundheit der Konsumenten und bedeutet überdies, dass der Staat Millionen von Steuereinnahmen verpasst.
„Indica und Sativa“ oder Vollspektrum-Cannabis?
Für Cannabispatienten sieht es zumindest etwas besser aus. Bedrocan ist der einzige Hersteller von medizinischem Cannabis, der einen Vertrag mit dem niederländischen Gesundheitsministerium hat. Wer man eine ihrer Sorten kauft, kann man sich darauf verlassen, hochwertige Waren zu erhalten.
Die im Produkt enthaltenen Cannabinoide und Terpene sind im sogenannten Vollspektrumprofil auf der Website des Unternehmens zu sehen. Vollspektrum-Cannabis enthält die gesamte Bandbreite an Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden, die aus Cannabis gewonnen werden können. Viele Experten sind sich einig, dass Vollspektrumprofile nützlicher sind, um die wahrscheinliche Wirkung einer Sorte zu beurteilen, als die vorherige Aufteilung in Indica– und Sativa-Sorten. Erst kürzlich haben wir einen Bericht veröffentlicht, in dem es heißt, dass diese Klassifizierung inzwischen veraltet ist, weil sich der wissenschaftliche Standard weiterentwickelt hat.
Dank der Entdeckung des Endocannabinoidsystems wissen wir heute, dass Cannabinoide wie THC und CBD an Rezeptoren im menschlichen Gehirn und Körper andocken und so wichtige Körperfunktionen steuern. Wir erfahren auch immer mehr darüber, wie Terpene funktionieren. So haben Wissenschaftler beispielsweise unter Beweis gestellt, dass Alpha-Pinen, ein nach Kiefernadeln riechendes Terpen, das wach macht, in vielen Cannabissorten enthalten ist .
Was wir aber immer noch nicht wissen, ist, wie die unterschiedlichen Cannabinoide und Terpene zusammenwirken und sich gegenseitig beeinflussen. Alpha-Pinen kann die Wachsamkeit anregen, aber es gibt Hinweise darauf, dass die Wirkung durch andere Terpene reduziert oder sogar verändert werden kann.
Jeffrey Raber, dessen Firma Werk Shop Hunderte von Cannabissorten analysiert hat, hat dazu Folgendes zu sagen: „Was wir aus der Grundlagenforschung an einem einzelnen Terpen gelernt haben, lässt sich nicht weitreichend extrapolieren. Tatsächlich müssen wir Cannabis als Ganzes besser verstehen.“
Wie Dr. Ethan Russo, der als Koryphäe auf dem Gebiet der Cannabisforschung gilt, vermutet auch er, dass die wahre Stärke von Cannabis aus der Interaktion zwischen den darin enthaltenen Substanzen, dem so genannten Entourage-Effekt, resultiert. Wie bei einer Symphonie. Nur wenn alle Instrumente rechtzeitig und aufeinander abgestimmt spielen, erhält man einen angenehmen Gesamtklang.
Bis wir den Entourage-Effekt besser verstehen, müssen die Vollspektrumprofile mit Vorsicht behandelt werden. Sie geben eine Genauigkeit vor, die einfach nicht der Wahrheit entspricht. Cannabis ist ein lebender Organismus und selbst wenn die gleiche Sorte unter den gleichen Bedingungen angebaut wird, werden einzelne Pflanzen unterschiedliche Mengen an Cannabinoiden und Terpenen aufweisen. Deshalb bieten wir bei Sensi Seeds keine Vollspektrumprofile für unsere Sorten an.
Deswegen reagiert jeder anders auf Cannabis
Dem israelischen Wissenschaftler Rafael Mechoulam wird die Entdeckung von THC zugeschrieben. Um herauszufinden, wie es wirkt, verabreichte er einer Gruppe von Freunden zehn Milligramm THC in reiner Form. Laut Mechoulam waren die Rückmeldungen von jedem sehr unterschiedlich: „Einige sagten: ,Nun, wir fühlen uns einfach irgendwie seltsam, wie in einer anderen Welt, und wollen uns zurücklehnen und genießen.‘ Ein anderer sagte: ,Es passiert nichts‘, hörte aber nicht mehr auf zu reden. Ein dritter sagte dies ebenfalls, brach aber alle 15 bis 20 Sekunden in Gelächter aus.“ Wie Sie sicherlich merken, reagieren alle Menschen sehr unterschiedlich auf Cannabis. Mittlerweile haben wir eine ziemlich gute Vorstellung davon, warum das so ist.
Genetik spielt eine große Rolle. Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen mit einer bestimmten genetischen Mutation dazu neigen, besorgt und paranoid zu werden. Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, die typischerweise mit dem Cannabiskonsum verbunden sind, lassen sich auch auf bestimmte Gene zurückführen. Etwa 20 Prozent der US-Bevölkerung produzieren aufgrund einer Genmutation mehr Endocannabinoide als der Rest. Es wird angenommen, dass diese Gruppe weniger zum Cannabiskonsum neigt.
Cannabis wirkt sich bei Männern und Frauen unterschiedlich aus. Männer leiden eher unter starken Hungeranfällen – dem sogenannten Fresskick – und müssen mehr konsumieren, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
Ein weiterer entscheidender Faktor, der die Wirkung von Cannabis beeinflusst, ist der allgemeine Gesundheitszustand des jeweiligen Menschen. Angenommen, Sie leiden an einer Krankheit, bei der Cannabis als sinnvolle Behandlungsmethode gilt, wie etwa an einer posttraumatischen Belastungsstörungn oder Fibromyalgie: es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie nach dem Cannabiskonsum vor allem eine Minderung der Symptome Ihrer Krankheit verspüren und sich eher „normal“ als „high“ fühlen.
Der vielleicht wichtigste Grund, warum alle Cannabis so unterschiedlich erleben, ist, dass wir alle einzigartig sind. Kein Mensch ist gleich und je nach individuellen Temperamenten, Stimmungen und Lebenserfahrungen reagieren wir unterschiedlich auf Cannabis. Das bringt uns zurück zum ursprünglichen Thema dieses Artikels.
Benutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand. Wirklich.
Produktnamen und Bewertungen, Indica und Sativa, Vollspektrumprofile, persönliche Erfahrungen, Dosierungsempfehlungen, Empfehlungen von Growern und Freunden – all dies liefert wertvolle Informationen, wenn Sie nach einer neuen Sorte suchen oder Ihre Erfahrung mit Cannabis verbessern wollen. Aber es ist viel wichtiger, den gesunden Menschenverstand zu nutzen. Das klingt vielleicht wie ein Klischee, aber die Dinge sind nicht immer so einfach. Wir werden den ganzen Tag über bombardiert – jede Sekunde erreichen uns Informationen und die Grenzen zwischen Werbung und Informationen verschwimmen zunehmend, ebenso wie die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Leben.
Menschen, die selbstbewusst sind, auf ihren eigenen Sinn für Vernunft hören und keine Angst haben, ihren eigenen Weg zu gehen, kommen am besten zurecht. Vor Kurzem sagte mir eine Freundin, dass sie nur Indica-Sorten mag, weil Sativas sie zu träge machen und demotivieren. Ich wollte widersprechen, aber ich hielt inne und dachte zuerst darüber nach. Nur weil etwas für die meisten Menschen wahr ist, bedeutet das nicht, dass es für einen selbst auch wahr ist. Bleiben Sie also offen, denken Sie kritisch und tun Sie nur das, was für Sie richtig ist. Amen.
- Disclaimer:Dieser Artikel stellt keinen Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung dar. Wenden Sie sich immer an Ihren Arzt oder eine andere zugelassene medizinische Fachkraft. Sie sollten wegen etwas, das Sie auf dieser Website gelesen haben, weder zögern, Ihren Arzt aufzusuchen, noch deswegen eine medizinische Beratung missachten.
So ein schöner und informativer Artikel. Ich Versuche schon diev4. Sorte. Ist leider immer sehr aufwendig wegen Kostenübernahme der Krankenkasse. Muss aber auch sagen das ich von der Sorte Betocan von Betocan sehr enttäuscht war. Mir ist ein sedierende Wirkung am liebsten. Deshalb bevorzuge ich Indica. Krankheitsbild: MS, RLS, POSTRAUMATISCHE BELASTUNFSSTÖRUNG
Grüße an Euch