30 Jahre Sensi Seeds – ein Interview mit Ben Dronkers

Ein Mann in einem weißen Hemd, das eine grüne Cannabis-Pflanze riecht

In einem Gespräch, das wir mit ihm in seinem Haus in Malaysia führten, diskutieren wir, wie Cannabis sein Leben verändert und ihn dazu gebracht hat, eine der anerkanntesten Firmen der Cannabisbranche ins Leben zu rufen. Es ist schwer, sich nicht von seiner Begeisterung anstecken zu lassen, wenn er über die Pflanze spricht, der er sein Lebenswerk gewidmet hat.

In diesem Interview erzählt Ben, wie er Cannabis entdeckt und was ihn dazu angetrieben hat, sich dieser Pflanze zu widmen. Er beschreibt auch, wie er  aus seiner Leidenschaft ein seriöses, legales Geschäft gemacht hat. Sein Enthusiasmus ist ansteckend.

Wir wünschen gute Unterhaltung bei diesem Blick in die Geschichte von Sensi Seeds!

Hallo Ben, vielen Dank für die Einladung zu diesem Gespräch! Zu allererst: Kannst du uns etwas über deine erste Begegnung mit der Cannabispflanze erzählen?

Ja, aber das ist lange her. Ich war gerade 17 geworden und stand auf der Maasbrug in Rotterdam, zusammen mit einem anderen Jungen, der ein Stück Hasch dabei hatte. Ich hatte vorher noch nie etwas davon gehört. Der Junge rollte einen Joint und teilte ihn mit mir. Ich spürte es, wusste aber zugleich auch nicht, worauf ich genau achten sollte. Ich verstand absolut nicht, warum andere darum so viel Aufhebens machen, denn es ging mir einfach wunderbar. Ich war ein wenig high, aber es war nicht so, als wäre ich plötzlich betrunken, obwohl ich genau das eigentlich erwartet hatte.

Das erste High war eine schöne Erfahrung für mich, aber ich wusste nicht, was ich zu erwarten hatte. Erst beim zweiten oder dritten Mal kannst du ja wirklich verstehen, was genau mit dir passiert. Beim ersten Mal bist du dir nicht einmal richtig bewusst, dass du high bist. Das kann man übrigens bei vielen Leuten beobachten, die zum ersten Mal Cannabis nehmen. Sie sind echt stoned, aber sie merken es selbst nicht.

In meinem Fall war es so, dass ich einfach auf dieser Brücke herumhing und sehr glücklich war, dort zu sein!

Es war wunderschön!

War das der Punkt, von dem an du dich für die Pflanze interessiert hast?

Nein, eigentlich hatte das schon früher angefangen. Während meiner Kindheit hatte sich meine Mutter stets mit Pflanzen beschäftigt, und sie hat sie so gut gepflegt, dass sie ständig blühten. Durch sie entwickelte sich daher meine Liebe zu Pflanzen. So habe ich mich dann für den gesamten Wachstumszyklus interessiert. Später entwickelte sich dann mein Interesse an der Züchtung, am Kreuzen einer Sorte mit einer anderen, um spezifische Eigenschaften zu erzielen, was mich zur klassischen Botanik führte, die für mich für die nächsten Jahrzehnte relevant und sehr wichtig bleiben sollte.

Was hat dich dazu gebracht, mit der Cannabispflanze zu arbeiten?

Zuerst hatte ich gar kein Interesse an den Samen. Damals war der Cannabisanbau nicht das gleiche wie in anderen Gebieten der Erde, zum Beispiel in Jamaika, Afrika oder in den USA. Damals experimentierten wir mit den ersten Indoor-Growtechniken und setzten u. a. Cool-Tube-Reflektoren ein, die wie ein Tipizelt geformt waren, um wenigstens ein paar Blüten zu erhalten. Und das Gras war nicht gut, aber es ging.

Dann begann ich damit, Samen aus verschiedenen Ländern mitzubringen. Ganz zu Anfang: Aus Pakistan. Das war der Punkt, ab dem wir gute Ergebnisse erzielten … Richtig gutes Gras!

Das war der große Wendepunkt … [Das] war interessant und machte mir Spaß.

Eine alte Fotografie von Ben-Dronkers, die sich in seinem Gewächshaus beugen
Ben Dronkers (circa 1983)

Dann lief es für dich also besser? Wie war denn die Reaktion auf das erste Gras aus Holland?

In den ersten zwei oder drei Jahren, in denen ich Cannabis in Gewächshäusern anbaute, wollte es keiner haben. Die Leute haben es nicht verstanden. Nicht einmal in Amsterdam …

Ich bin dann einfach zu den Coffeeshops „The Happy Family“ und „Prix d’Ami“ in Amsterdam gegangen und habe die praktisch gezwungen, etwas Gras von mir in einer Papiertüte zu nehmen, und habe denen gesagt: “Bezahlt mir nur etwas dafür, wenn es gut ist, und wenn die Leute es nicht mögen, dann eben nicht”. Und als ich nochmals zum „Prix d’Ami“ gegangen bin und fragte, was sie davon halten, sagte mir der Budtender (Cannabisverkäufer): “Das ist schon lange weg! Die Leute kommen ständig her und fragen nach mehr!”

Die amerikanischen Touristen wussten natürlich etwas damit anzufangen. Aber die Niederländer hatten bis dahin nur braunes Thai- und Afrika-Gras gesehen, das in Blöcke gepresst und völlig trocken war. Mit den grünen Buds, die sie jetzt sahen, konnten sie nichts anfangen. Sie bezeichneten sie sogar als “Spinat”. Aber das änderte sich, als sie sahen, wie schnell sich das verkaufte. Da kam das Geschäft dann richtig in Fahrt.

Sehr schnell haben die Leute gemerkt, wie gut das Gras war, und dass man davon so stoned wird, dass man einfach vom Stuhl fällt (im wörtlichen Sinne)!

Was hielten denn die Behörden von deiner neuen Idee?

Also … Ich wurde schon einige Male verhaftet. Sogar ziemlich oft. Aber das war damals noch kein großes Ding. Selbst wenn man mit 10 bis 20 kg erwischt wurde, war man nach zwei oder drei Tagen wieder auf freiem Fuß.

Aber als ich immer öfter verhaftet wurde, habe ich mich dann mit dem Text des niederländischen Opiumgesetzes befasst, um einen Weg zu finden, dass das nicht mehr passiert. Dabei stieß ich auf die Tatsache, dass Cannabis-Samen von dem Verbot nicht erfasst sind. In der Tat war zwar die gesamte Cannabispflanze verboten, aber nicht ihr Samen.

Ich bin dann zu einem sehr teuren Anwalt gegangen, um mit ihm dieses „Henne und Ei-Problem“ zu diskutieren: Wenn die Samen legal verkauft werden dürfen, woher soll man die dann bekommen, wenn man die Pflanze nicht anbauen darf? Wenn die Samen legal sind, muss der Cannabisanbau zur Erzeugung von Samen es doch auch sein, oder?

Der Anwalt stimmte mir zu, und das führte dann zu dem entscheidenden Moment, in dem ich die Genehmigung zum Anbau von Cannabis zur Erzeugung von Samen bekam. Ich erklärte dann, dass ich Cannabis-Samen anbauen wollte, und weder die Polizei noch die zuständigen Agrarbehörden waren in der Lage, meinen Aktivitäten entgegenzutreten.

Das war das Schlupfloch im Gesetz, das es mir erlaubte, Cannabis-Samen zu erzeugen und zu besitzen, und zwar über zehn Jahre lang, ohne dass irgendjemand das wirklich wusste. Natürlich durfte ich damit kein Gras anbauen, aber du weißt ja wie das geht …

Ben dronkers lehnen sich an der Tür eines Sensi-Samen-Shops

Diese Erfahrungen haben dich also dazu gebracht, dich ein Leben lang mit der Cannabispflanze zu befassen. Was genau hat dich zu dieser Entscheidung geführt?

Für mich gehört es zu den einzigartigen Eigenschaften von Cannabis, dass es die Leute dazu bringen kann, sich in die Pflanze zu verlieben. Man entwickelt tatsächlich eine ganz besondere Beziehung zu der Pflanze. Das ist ein bestimmter Bewusstseinszustand, wenn du weißt, was ich meine.

Damals hatte ich auch Phasen, in denen es nicht so gut für mich lief. Es war meine Beziehung zu der Pflanze, die mir geholfen hat, da durchzukommen. Die Pflanze selbst half mir über diese schwierigen Phasen hinweg. Und das war dann der Punkt, an dem ich entschieden habe, mich für diese Pflanze zu engagieren und so viel Cannabis anzubauen, wie ich nur konnte.

Der Anbau der Pflanze brachte uns zahllose neue Entdeckungen: Ihre Geschichte, was sie für die Menschen in früheren Jahrhunderten bedeutet hat und welche unglaublichen Potenziale für die Zukunft darin liegen. Dieses Bewusstsein, das die Pflanze in mir erzeugt hat, war der wesentliche Antrieb für mein gesamtes Handeln, und ist es auch weiterhin. Es ist auch ein wichtiges Motiv für das Zustandekommen des Hash Marihuana & Hemp-Museums.

Wir hatten bei Null angefangen und haben dann fast täglich etwas Neues entdeckt. Mit der Einführung des Internets wurde dieser Prozess der Entdeckung vielschichtiger und noch schneller, und auch, als ich mehr und mehr Gleichgesinnte überall auf der Welt getroffen habe. Ich bin fest davon überzeugt, dass mit dieser unglaublichen Pflanze ein gemeinsamer Bewusstseinsstatus verbunden ist.

Wenn ich zu HempFlax nach Groningen fahre und im Frühjahr die Felder mit den jungen Hanfpflanzen sehe, wird mir warm ums Herz. Es ist für mich wirklich eine Erfüllung, die jungen Pflanzen dort hektarweise wachsen zu sehen, da ich durch meine Beziehung zu der Pflanze genau dieses Bild bereits als Vision vor mir gesehen hatte.

Auch heute tragen wir diese Vision weiter und tun unser Bestes, um so viele Samen wie möglich zu säen, sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinne!

Vielen Dank für das Gespräch mit uns, Ben! Um diesen ersten Teil abzuschließen, möchten wir dir gerne noch einige Fragen unserer Blogleser und Freunde aus sozialen Medien stellen. Hättest du etwas dagegen, sie zu beantworten?

Überhaupt nicht!

Ben draußen hält eine Tasse und spricht in ein Mikrofon neben seinem Sohn in Highlife in ein Mikrofon
Alan Dronkers und Ben Dronkers, HighLife

Von Chris Thompson

Wie wird sich nach deiner Meinung das Geschäft mit Marihuana als Freizeitdroge in den USA in den nächsten 5 Jahren weiterentwickeln – werden die USA ein neues “Amsterdam?”

Ich denke ja. Ich kann mir vorstellen, dass es dort Cafés geben wird, in denen man einen Kaffee und einen Joint genießen kann. Aber hoffentlich wird man dort auch noch ein Bier bekommen!

Fühlen sich Ben und Sensi Seeds trotz der vielen tausend Kultivare und der vielen hundert Samenbanken, die heute im Markt sind, noch für die Vielfalt im heutigen Markt verantwortlich (leider fällt mir kein besserer Begriff ein)?

Ich bin schon stolz darauf, dass unsere Genbank die Plattform wurde, auf der sich eine ganze Branche entwickeln konnte. Aber das war ich nicht allein, sondern die Coffeeshops haben die Branche zu dem gemacht, was sie heute ist. [Sie] standen auch hinter den ersten Cannabis-Zeitschriften, wie z. B. Bob Warren, der Mann hinter dem Highest Magazine, das ab 1986 erschien.

Als wir mit dem Verkauf der Samen angefangen haben, haben wir auch Düngemittel und Bücher zum Thema verkauft. Alle Autoren besuchten uns dann und sahen, was wir gemacht haben, schrieben dann auch darüber und erzählten uns im Gegenzug, was sie wussten. Ein ganz wichtiger Beitrag zur Fortbildung der Cannabis-Fans in aller Welt!

Meinst du, dass es immer noch Cannabis-Wildsorten gibt, die noch nicht entdeckt wurden? Und wo würdest du danach suchen?

Ich bin sicher, dass es die gibt. Zu 100 %. Wir sind derzeit dabei, neue Sorten in Osteuropa ausfindig zu machen und zu sammeln, wobei wir nur die sammeln, die wir an ihren ursprünglichen Standorten finden, was manchmal recht schwer zu ermitteln ist, weil manche Sorten an ihren natürlichen Standorten verschwunden sind und man dann Leute finden muss, die sie eventuell irgendwo weiter anbauen.

Von Andy

Welchen Sorten von Sensi Seeds bzw. welchen Nicht-Sensi-Sorten gibst du den Vorzug??

Meine Lieblingssorten von Sensi Seeds sind Northern Lights, Northern Lights 5x Haze und Jack Herer. Von den Sorten, die nicht von Sensi Seeds sind, schätze ich die Diesel- und die Amnesia-Sorten.

Von Paul J. von Hartmann

Die “Daseinsvorsorge-Bewegung” ist eine zunehmend an Schubkraft gewinnende Bewegung in den USA, die den freien Zugang zu der strategischen Ressource „Hanf“ fordert, die in mehreren Dokumenten als Element der Katastrophenvorsorge bezeichnet wird. Wärst du bereit, uns bei einer Graswurzel-Globalisierung von Cannabis als „Produkt der Daseinsvorsorge“ zu unterstützen, bevor es zu spät ist, durch den Cannabisanbau die Atmosphäre der Erde zu retten?

Natürlich!

Ben dronkers und seine Tochter, Shiva Spaarenberg. Es gibt einen dünnen Schleier des Rauches vorne
Ben Dronkers und Shiva Spaarenberg

Von Fresh

Hallo Ben, ich würde gerne wissen, ob du schon einmal auf den kanarischen Inseln warst und was du von diesem geographischen Standort im Hinblick auf den Cannabisanbau hältst?

Selbstverständlich! Ich liebe die Kanaren! Ich kenne sie gut und kenne dort auch jemand, der 5 Jack Herer-Pflanzen angebaut und von jeder 1,5 kg geerntet hat. Daher ist die Antwort einfach: Ja.

Von Tof

Gibt es eigentlich so etwas wie eine europäische „Cannabis-Lobby“? Wenn ja, wäre es nicht interessant für dich, dort mitzuarbeiten, mit dem Ziel, die USA auf ihrem Weg zur Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums zu unterstützen?

In den USA gibt es die NORML-Initiative, die sich schon vor langer Zeit etabliert hat und einen einheitlichen Auftritt im gesamten Staat hat, und es gibt High Times als kommerziell ausgerichtetes Unternehmen. In Europa gibt es ENCOD, aber meist hat man es mit kleineren Gruppen zu tun, die im linken oder rechten Spektrum angesiedelt sind. Ich meine, auch hier besteht der Bedarf nach einer einheitlichen Front. Das ist ein Punkt, der noch umgesetzt werden muss. Wir müssen einheitlich auftreten. Wir müssen uns zusammentun, damit die Dinge vorankommen.

Von Wazatiste

Ich bereite mich auf eine eventuelle Cannabis-Legalisierung in Frankreich vor und sammle möglichst viele Informationen mit dem Ziel, ein Cannabis-Feld im biologischen Anbau einzurichten. Wird das dort erzeugte Cannabis so potent sein wie dasjenige, das aus dem Indoor-Anbau mit UV-Lampen stammt?

Nein, das glaube ich nicht. Die Ergebnisse hängen natürlich von der Sorte ab, aber ich glaube es nicht.

Ben dronkers hockende und lächelnd für ein Foto auf einem Gebiet der Kulturpflanzen in Afghanistan
Ben Dronkers. Afghanistan (circa 1970)

Von Mathieu

Welche Erinnerung ist die stärkste, wenn du an deine früheren Reisen zur Entdeckung der Cannabis-Genetik zurückdenkst?

Die Harmonie und Freundlichkeit der Menschen in Afghanistan. Sie sind so stolz auf das, was sie tun. Ihre Herzensgüte war so unverfälscht … das hat mich sehr beeindruckt.

Der Rechtsstatus von Cannabis in den Niederlanden ändert sich derzeit. Wie siehst du die Zukunft der Pflanze in diesem Land?

Die Coffeeshops werden bleiben! Cannabis ist eine soziale Erscheinung. Es ist etwas, was man mit anderen teilt. Daher glaube ich, dass die Coffeeshops bleiben werden..

Welche Sorte hast du zuletzt konsumiert?

Die Jack Herer, in Malaysia! Ich habe ein medizinisches Rezept, das es mir ermöglicht, das hier zu tun.

Michael Freeman on Facebook

Wenn du dich entscheiden könntest, frei erhältliches Cannabis in ganz Europa einzuführen, das aber bedeuten würde, dass du dein ganzes mühsam verdientes Geld verlierst, wofür würdest du dich entscheiden?

Kenan Gülersönmez on Facebook

Ganz einfach. Ja.

Hallo Herr Dronkers, in der Schweiz überlegt die Regierung, das spanische Konzept des „Cannabis Social Club“ einzuführen, aber das kommt nur sehr langsam voran. Daher denke ich darüber nach, selbst etwas zu tun und Aktivist zu werden. Haben Sie vielleicht ein paar Tipps, wie ich damit anfangen sollte?

Man muss immer gut informiert sein und sich selbst zu helfen wissen!

Vielen Dank an alle, die uns ihre Fragen übersandt haben. Lesen Sie demnächst auch Teil 2 unseres Interviews mit Ben Dronkers!

#growonsensi

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